Predigt vom 1. Sonntag nach Epiphanias am 10.01.2021
in Mittelherwigsdorf und Oberoderwitz
Predigttext: Römer 12,1–6a
Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. |
Liebe Gemeinde zur Erscheinung des Herrn,
in der Nachfolge Jesu und besonders nach seiner Taufe wird unser ganzes Leben zur lebendigen Hingabe, zum Sichhingeben. Der Apostel meint: wir sollen uns, unseren Körper hingeben als ein lebendiges Opfer – dazu sind wir durch die Taufe Jesu bestimmt. Was ist aber ein lebendiges Opfer? Es klingt wie ein Widerspruch. Aber gerade darum soll es gehen. Hingabe ist immer ein Opfer – aber die alltägliche Hingabe muss wiederum lebendig sein. Es geht darum, wie wir unser alltägliches Leben gebenden und hingebend gestalten. Der Apostel sprich von einem vernünftigen Alltagsgottesdienst.
Um ihm besser folgen zu können, müssen wir einen gewissen kulturellen Kampf seiner Zeit verstehen. Es gab in seiner Welt zwei praktische Philosophien, die die damalige Gesellschaft in Rom und überall dort, wo die griechische Kultur ihren Fuß gefasst hatte, geprägt hat. Es waren die sogenannten Hedonisten und die Stoiker. Für die Hedonisten zeigte sich die Lebensqualität immer erst am Profit, Gewinn, Genuss, Lust und Wachstum an der Lustmaximierung. Genauso wir in der heutigen Wirtschaft: da geht es auch vor allem um Profit, Genuss, Wachstum, Sättigung der Bedürfnisse, die aber auch ständig wachsen und sich vermehren müssen – immer mehr Genuss immer neue und neue Erlebnisse – das macht das Leben aus, sagen sie.
Dagegen hat sich eine andere Lebensphilosophie entwickelt (herauskristallisiert). Und das war die stoische, stoizistische Philosophie: Und diese Stoiker haben wiederum behauptet: die Genügsamkeit und Enthaltsamkeit - die machen uns letztendlich glücklich. Die Moral, das Gute an sich, das Vernünftige (Ermäßigte). Paulus war offensichtlich Vertreter eher dieser stoischen Philosophie.
Wir müssen keine Anhänger einer philosophischen „Partei“ werden, aber wenn ich das in die heutige Situation übertrage: gerade jetzt in der Coronazeit, Coronakrise geht es darum, nicht den Genuss, nicht Lust und nicht Wachstum zu maximieren, es kann und es soll jetzt nicht um die Lustmaximierung und Lustvermehrung gehen, (erst recht nicht, wenn der Staat und überhaupt die europäischen Staaten so verschuldet sind). Was gerade jetzt in der Coronazeit und Coronakrise geht, was kann funktionieren, ist die Genügsamkeit und Enthaltsamkeit, mit den Worten des heutigen Predigttextes: es geht um den alltäglichen christlichen Dienst in Demut und Hingabe. Jetzt geht es um Hingabe unserer Leiber unserer Glieder!
Jetzt kann man z.B. keinen richtigen Urlaub machen. Ich habe es zwischen Weihnachten und Neujahr versucht und es ging nicht. Nicht nur durch die Verbote und Einschränkungen, aber auch durch die vielen Sterbefälle in unseren Gemeinden und im Krankenhaus musste ich eigentlich auf unseren Urlaub mehr oder weniger verzichten.
Aber ich habe es nicht ungern getan. Ich habe eben an dieser Stelle gedacht: Gebt eure Leiber als ein Opfer, das lebendig, ausgesondert und gottgefällig ist, das ist euer vernünftiger Gottesdienst! Es gibt halt Zeiten, wo die stoische innere Ruhe und Disziplin gefragt sind.
Paulus sagt uns allen: der Unterschied bei uns verschiedenen Menschen ist nur der der verschiedenen Begabungen und verschiedenen Glieder eines Leibes Jesu Christi, also der verschiedenen Posten. Jeder von uns hat einen anderen Beruf, andere Begabungen, Stelle, einen anderen Posten: aber überall wird dasselbe gefragt: die Selbstdisziplin, innere stoische Ruhe und die lebendige Hingabe, das lebendige Sichhingeben! Bitte versteht mich nicht falsch. Es geht nicht um Selbstmord, um etwas Depressives. Es geht allein um die lebendige Hingabe. Jesus hat mit dieser lebendigen Hingabe seinen irdischen Weg mit seiner Taufe gestartet.
Wir leben, und ich würde sagen, gerade jetzt machen wir uns es bewusst, in einer Spannung: zwischen dem, was wir möchten oder wonach wir im Moment sogar lechzen, und dem, was wir nicht dürfen oder was wir müssen. Wir können auf keinen Fall so richtig das ausleben, was wir wollen, brauchen, was unser Inneres will und braucht. Und so hassen wir die Umstände oder Bedingungen. Und wenn sich das anspannt, so hassen wir die Welt. Mehr oder weniger.
Jeder ist anders empfindlich. Es gibt aber schon Konflikte unter uns oder in uns. Nach Johannes sagt Jesus im Kapitel 12,25ff. für eine Situation einer ganz angespannten Frustration, eines ganz angespannten Frustriertseins: „Wer seine Seele/sein Leben jetzt liebhat, der verliert sie/es; und wer seine Seele/sein Leben jetzt auf dieser Welt zurzeit hasst, der wird’s bewahren zum ewigen Leben.“ Man kann also sein Leben jetzt nicht richtig ausleben, aber man kann den Weg der Hingabe gehen und man kann dienen, man kann Jesus nachfolgen. Und so sagt Jesus weiter: „Wer mir dienen will, der folge mir nach; und wo ich bin, da wird mein Diener auch sein. Und wer mir dienen wird, den wird mein Vater ehren.“
Es gibt also einen Ausweg aus der jetzigen Frustration. Der Ausweg der Nachfolge und des Dienstes Jesu und der Weg der Hoffnung, dass wenn man jetzt verzichtet, dann kriegt man es später reichlich und im viel größeren Maße - mehr als erwartet - zurück, (besser als man sich jetzt vorstellen kann).
So lasst uns auch weiterhin unsere eigene Seele lieben, unsere Seele lieb haben mit all ihren Bedürfnissen! Selbst dann und gerade dann, wenn sie sich nicht ausleben kann. Und durch den Dienst und alltägliche Hingabe wird unsere Seele für das ewige Leben aufbewahrt mit all ihrer Wünschen und Träume und Bedürfnisse. Die gehen nicht verloren, sondern sie werden erfüllt. Die Perspektive der Zukunft und des ewigen Lebens verlieren wir nicht aus dem Blick!
Manches kann man sich vorstellen, aber die Zukunft ist immer unvorstellbar. Alles mit Ruhe und Geduld…, und immer mit Hoffnung!
In dem Sinne: Der Friede Gottes welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Jesus Christus!
Pfarrer Adam Balcar